
Gutachten: Rauchen als Verletzung der Sorgepflicht
«Die elterliche Sorge dient dem Wohl des Kindes.» So formuliert es das Schweizerische Zivilgesetzbuch1. Rauchen in Gegenwart von Kindern verletzt diese Sorgepflicht klar: Die schädlichen Wirkungen des Passivrauchens auf die Gesundheit, insbesondere auf die kindliche Gesundheit, sind bekannt und wissenschaftlich belegt.
Körperverletzung muss nicht sichtbar sein
Dass Körperverletzung beim Kind die elterliche Sorgepflicht verletzt, liegt auf der Hand. Das schweizerische Strafgesetzbuch (StGB) benennt fahrlässige2, einfache3 und schwere Körperverletzung4. Die entsprechenden Artikel umfassen nicht nur äusserlich sichtbare Wunden und andere Verletzungen der körperlichen Integrität durch gewaltsame Einwirkungen. Auch die bleibende Schädigung eines Menschen an seiner Gesundheit wird damit erfasst. Ob diese Schädigung äusserlich sichtbar ist, spielt dabei keine Rolle. Auf welche Weise und in welchem Zeitraum die Schädigung verursacht wird, bleibt ebenfalls ohne Bedeutung.
Passivrauchen kann nach medizinischen Erkenntnissen zu erheblichen und anhaltenden gesundheitlichen Schäden führen. Rauchen, dem sich ein Kind nicht aus freien Stücken zu entziehen vermag, kann daher Freiheitsstrafe nach sich ziehen. Geldstrafe ist nur bei Fahrlässigkeit möglich. Vorsatz liegt dagegen schon vor, wenn jemand in Kenntnis der gesundheitsschädigenden Wirkung weiterhin dem Passivrauchen aussetzt.
Meldung an die Behörden
Ärzte und Beamte, die dem Berufsgeheimnis unterstehen, können Gesundheitsschäden durch Passivrauchen bei Kindern den Behörden melden, ohne sich vom Berufsgeheimnis entbinden zu lassen5. Die Behörden müssen dann geeignete Massnahmen anordnen, um das Kind vor Passivrauchen zu schützen.
Juristisches Gutachten im Auftrag von pro aere
Dieser Text ist die überarbeitete Fassung eines Gutachtens, das der renommierte Strafrechtler Jörg Rehberg, ehemaliger Professor und Dekan an der Universität Zürich, im Auftrag der Stiftung pro aere verfasst hat. Die grundlegenden Aussagen und Schlussfolgerungen sind nach wie vor gültig. Die Gesetzesartikel, auf die sich das Gutachten stützt, sowie die daraus zitierten Fachbegriffe sind auf den Stand von 2024 gebracht worden6.
Was tun, wenn Ihr Kind leidet unter dem Passivrauchen leidet?
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Quellen
- Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB) Artikel 296, Ziffer 1
- Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB) Artikel 125
- StGB Art. 123
- StGB Art. 122 und Art. 125, Ziffer 2
- ZGB Art. 314d
- Jörg Rehberg: Rauchen als Körperverletzung (1998)