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Tatbestand Passivrauchen: Belästigung oder mehr?

Statistiken können trügen, vor allem dann, wenn sie vergleichen, was grundsätzlich verschieden ist und deshalb nicht verglichen werden sollte. So trifft es zwar zu, dass für jede Person, die an den Folgen des Passivrauchens stirbt, etwa zwölf Todesfälle durch das Rauchen kommen1.

Daraus lässt sich nun allerdings nicht ableiten, Passivrauchen sei zwölfmal weniger «schlimm» oder «gefährlich» als aktives Rauchen.

Selbstgefährdung vs. Fremdgefährdung

Wer raucht, gefährdet sich selbst durch eine eigene Handlung. Wer passiv mitraucht, wird durch eine fremde Handlung gefährdet. Gesetze und Rechtsprechung stufen eine Handlung als deutlich schwerwiegender ein, wenn sie die Gesundheit oder das Leben von unbeteiligten Dritten gefährdet – verglichen mit der Gefährdung der eigenen Gesundheit oder des eigenen Lebens. Deshalb ist es nicht zulässig, die Gefahren des Rauchens und des Passivrauchens rein quantitativ zu vergleichen. Der Unterschied liegt in der Qualität.

Freiwillige vs. unfreiwillige Handlung

Das Anzünden einer Zigarette ist grundsätzlich eine freiwillige Handlung. Eine Person, die daneben steht, muss den Rauch dieser Zigarette unfreiwillig einatmen. Dieser Unterschied ist fundamental und führt zum gleichen Schluss wie im obigen Abschnitt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Nikotin stark abhängig macht, das Anzünden einer Zigarette also teilweise auch eine unfreiwillige Komponente haben kann.

Belästigung, ein unbestrittener Tatbestand

Nach allgemeinem Rechtsempfinden ist Tabakrauch für Menschen, die nicht rauchen, eine Belästigung. Diesem Umstand trägt das schweizerische Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen in besonderer Weise Rechnung.

Auch das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB, Art. 684) zählt Luftverunreinigung und üblen Geruch zu den Einwirkungen, die im Zusammenleben zwischen Nachbarn explizit verboten sind – siehe auch unser Merkblatt «Tabakrauch vom Nachbarn».

Passivrauchen als Körperverletzung?

Dass Passivrauchen die Gesundheit gefährdet, ist durch zahlreiche Fakten belegt. Daher stellt sich die Frage, ob es juristisch als Körperverletzung eingestuft werden könnte.

Damit hat sich schon vor vielen Jahren der renommierte Strafrechtler Jörg Rehberg, ehemaliger Professor und Dekan an der Universität Zürich, befasst. In einem Gutachten2 im Auftrag von pro aere ist er zum Schluss gekommen, dass Rauchen in Gegenwart anderer Personen unter bestimmten Umständen als Körperverletzung beurteilt werden kann.

Das schweizerische Strafgesetzbuch (StGB Art. 125)3 hält fest: Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, macht sich strafbar und wird, falls die Schädigung schwer ist, von Amtes wegen verfolgt. Zu den Handlungen, die der Gesundheit schaden, gehört auch das Rauchen in Gegenwart von anderen Personen in geschlossenen Räumen, wo es heute gesetzlich noch erlaubt ist: In der eigenen Wohnung. 

Erwachsene brauchen das Passivrauchen nicht zu dulden, sondern können sich dagegen wehren. Deshalb werden sie nicht auf Körperverletzung klagen können. Auch wird die Schädigung durch das Passivrauchen nicht nachweislich so schwer sein, dass eine Verfolgung von Amtes wegen in Frage käme.

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Quellen

  1. Bundesamt für Gesundheit: Von etwa 200 Personen, die rauchen, wird statistisch gesehen etwa eine pro Jahr an den Folgen des Tabakkonsums sterben. Von etwa 2400 Personen, die mindestens eine Stunde pro Tag passiv rauchen müssen, wird statistisch gesehen etwa eine pro Jahr an den Folgen des Passivrauchens sterben.
  2. Jörg Rehberg: Rauchen als Körperverletzung (1998)
  3. Schweizerisches Strafgesetzbuch